Lautlos im Weltraum
Rosetta: Die lange Reise einer Raumsonde zum Kometen Churyumov-Gerasimenko
Der Countdown für das Rendezvous läuft bereits seit dem ersten März 1997.
Ende Februar 2004 wird "Rosetta", eine Raumsonde der Europäischen
Raumfahrtorganisation ESA, auf den Weg zum Kometen Churyumov-Gerasimenko
gebracht. Zum ersehnten Tête-a-tête wird es jedoch erst Mitte 2014 kommen.
Rosetta soll wenige Monate nach ihrer Ankunft eine Lande-sonde absetzen
und wird den Kometen fast zwei Jahre lang aus nächster Nähe erforschen.
"Wir betreten mit dieser Mission Neuland, denn es gab noch nie eine
Begegnung mit einem Kometen, bei der ein Satellit länger bei seinem
Untersuchungsobjekt verweilte", erklärt Dr. Gerhard Schwehm, leitender
Wissenschaftler des Rosetta-Projekts. Der Weg bis zum vereinbarten
Treffpunkt ist weit, liegt er doch 4,5 Astronomische Einheiten von der
Sonne entfernt - das sind ungefähr 675 Millionen Kilometer. Zehn Jahre
wird Rosetta für diese Exkursion benötigen und auf ihrem Weg insgesamt
mehr als 5 Milliarden Kilometer zurücklegen.
Start im Februar 2004
Eine Ariane-5 Rakete schickt Rosetta vom Weltraumbahnhof in
Kourou/Französisch-Guayana am 26. Februar 2004 auf die Reise. Kurz nach
dem Start werden die Sonnenpaneele ausgeklappt und auf die Sonne
ausgerichtet, um Energie zu tanken. Fließt der Solarstrom,
werden nach und nach alle Systeme und Experimente in Betrieb genommen und
geprüft -schon nach drei Monaten ist die erste aktive Phase vorbei,
gefolgt von einer abschließenden Überprüfung der Experimente im Oktober
2004. Die folgenden Jahre vergehen auf einer einsamen Reise in Richtung
Komet über die Zwischenstationen Erde, Mars, Erde und nochmals Erde.
Dieser "Umweg" ist nötig, denn selbst eine der stärksten Raketen, die zur
Zeit zur Verfügung stehen, die Ariane-5, hat nicht genug Kraft, die Sonde
direkt zu dem Kometen zu bringen. Um genügend Schwung zu bekommen, braucht
sie die Gravitationsenergie von Mars (2007) und dreimal von der Erde
(2005, 2007 und 2008). So genannte "Swing-by-Manöver" geben ihr
jeweils neuen Schub.
Asteroiden pflastern ihren Weg
Die Route wird durch mindestens eine Begegnung mit einem Asteroiden ein
wenig unterhaltsamer gestaltet: Ende 2008 nähert sich Rosetta einem
Asteroiden. Diese Weltraumkörper sind berg- bis gebirgsgroße Brocken, die
wie Planeten in einer Umlaufbahn um die Sonne kreisen.
"Wir nutzen diese Begegnungen für wissenschaftliche Studien und können
dabei zugleich Rosettas Forschungsinstrumente testen", meint Gerhard
Schwehm. Die Erforschung der Asteroiden dient auch einem ganz praktischen
Zweck: "Je mehr wir über sie wissen, desto eher können wir vielleicht
eines Tages einem möglichen Einschlag vorbeugen." Nach einer
Ruhephase wird im Mai 2011 der Kurs ein letztes Mal korrigiert. Ab Juli
2011 herrscht erneut für 2 ½ Jahre Funkstille - Rosetta fliegt dann ganz
auf sich gestellt in die Nähe der Jupiterum-laufbahn.
Rendezvous 2014
Im Januar 2014 schließlich wird die Raumsonde wieder aktiviert und nähert
sich Churyumov-Gerasimenko bis Oktober 2014 auf wenige Kilometer Abstand.
Dann wird der Traum der Wissenschaftler Wirklichkeit. Nachdem sie ihre
kostbare Fracht den "Lander" abgesetzt hat, bleibt Rosetta in einer
Umlaufbahn um Churyumov-Gerasimenko. Gemeinsam fliegen sie weiter während
der nächsten 17 Monate der Sonne entgegen.
Rosetta wurde von einem internationalen Konsortium unter der Federführung
Astriums gebaut. Die Landesonde hingegen wurde unter der Leitung des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln entwickelt.
Weitere Mitglieder sind die ESA und Institute aus Österreich, Finnland,
Frankreich, Ungarn, Irland, Italien und Großbritannien.
An Bord des kleinen Kometenerkunders befinden sich zehn wissenschaftliche
Instrumente. Sie sollen dem Kometen vor Ort die Geheimnisse seiner
chemischen und physikalischen Zusam-mensetzung entlocken - auch
magnetische und elektrische Eigenschaften werden erfasst. Mit einer
speziellen Kamera nimmt die Landesonde Bilder im Makro- und Mikrobereich
auf und sendet alle gewonnen Daten - mit einem kleinen Umweg über Rosetta
- direkt zur Erde.
"Wir haben das erste Mal die Möglichkeit, beim Erwachen eines Kometen vor
Ort dabei zu sein", erklärt der Wissenschaftler. Wenn sich
Churyumov-Gerasimenko der Sonne auf ungefähr 500 Millionen Kilometer
genähert hat, werden die gefrorenen Gase verdampfen und dabei Staub über
hunderttausende von Kilometern mit sich reißen. Von der Sonne beschienen,
zeigt sich dann auch auf der Erde der typische Kometenschweif. Die
Prozesse auf einem Kometen-kern wurden noch nie zuvor so genau beobachtet
und gemessen, denn alle anderen Sonden flogen bislang nur an Kometen
vorbei. "Da wir Churyumov-Gerasimenko zwei Jahre lang begleiten, bis er
den sonnennächsten Punkt erreicht hat, haben wir endlich die Chance, neue
Erkenntnisse über Kometen zu gewinnen. Wir sind sicher, dass wir jetzt den
Antworten nach der Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems und
des Lebens auf der Erde ein Stück näher kommen."
Links:
Weitere Informationen zu Rosetta und weiteren ESA-Projekten:
Quelle: http://www.sci.esa.int/